WIE VERKAUFE ICH EIN DREHBUCH?

 

 

Da mich diese Frage von Interessierten immer wieder erreicht, die nämlich im Begriff sind, ein Drehbuch schreiben zu wollen oder bereits eines verfasst haben, hier ein paar Aspekte dazu.

 

 

Die Rolle des Autoren im Filmprozess

 

Wenn man sich das Bild eines Konzerts vorstellt, ein vielköpfiges Orchester, einer mit dem Taktstock, der es dirigiert, dann ist der Drehbuchautor der unsichtbare Komponist. Er liefert den Rohstoff, ohne den es Kino, Fernsehfilme, Hörspiele, Theaterstücke, PC-Spiele und Romane nicht gäbe: Geschichten.

In der Musik ist es die Komposition.

Der Nucleus, die Struktur. Die Entwicklungsbögen, die Schauplätze, die Dialoge, die Tonart, die Wendungen, die Figuren, den kompletten Plot. In unseren Köpfen ist der Film im Schnitt 2 Jahre vor der Premiere abgelaufen.

Und die offizielle Premiere vernichtet ihn dann in der Regel.

 

Der Autor bekleidet in der Filmherstellung in dem Sinne eine Sonderstellung, in dem er der einzige am Film Beteiligte ist, der etwas aus dem Nichts kreiert.

Alle anderen, die dann kommen, der Produzent und Sender, der Dramaturg, der Redakteur, der Regisseur, Kameramann und Schauspieler, der Caster, der Cutter, der Herstellungsleiter und der Filmkomponist, sie alle setzen mit ihrer Vision auf der des Schöpfers der Geschichte und der Charaktere auf.

Film ist Teamarbeit – ohne all die anderen steht am Ende jeder auf verlorenem Posten.

 

Mein erster Rat: Jemand, der eine Geschichte von uns großartig findet, möchte uns nicht adoptieren oder heiraten, sondern er verfolgt das Ziel, die Rechte an der Geschichte zu erwerben und damit Geld zu verdienen.

Deswegen sprach ich von „Rohstoff“. Die deutsche Filmbranche bemisst den Wert eines Filmes in Euro oder Quote. Ein Drehbuch ist ein wirtschaftlicher Faktor, eine monetäre Größe in der Filmkalkulation.

 

Das muss einem nicht gefallen, aber man sollte es wissen, bevor man mit seiner Geschichte in den Ring steigt.

 

 

Wohin mit dem Exposé?

 

Wie die Überschrift, die ich gewählt habe, nahelegt, ist klar, dass das Anbieten eines fertigen Drehbuches in aller Regel nicht funktioniert – obwohl Sie es selbstverständlich geschrieben haben sollten.

 

Natürlich, „Knockin’ on Heaven’s Door“ ist so entstanden, es gibt tatsächlich Ausnahmen.

Wenn alle deutschen Produzenten sagen, dass die Geschichte eines stummen Pilzes, der davon träumt, zersäbelt auf einer Pizza Funghi zu landen, nicht für einen Film taugt, Sie aber zufällig nachts an einer Bar Brad Pitt treffen, ihm ihr Buch aufnötigen und ihn nach dem 12. Whiskey dazu kriegen, auf der Serviette für die Rolle des Pilzes (wahlweise der Pizza) zu unterschreiben, ja, dann wird „Boringme – The Mushroom Tales“ vermutlich gemacht.

Wenn das Ihr Weg ist – ziehen Sie los.

 

Für den Rest wie für mich gilt: Die Produktionsfirmen und Redaktionsbüros der Sender sind überfüllt mit unverlangt eingesandten Drehbüchern oder auch Exposés. Ich habe sie selbst schon mehrfach über einen Meter hoch gestapelt gesehen.

 

Die Zeit von Produzenten und Redakteuren zum Lesen von Stoffen ist äußerst begrenzt. Daher: Wählen Sie zur Einreichung das Exposé.

Das Drehbuch sollten Sie, wenn es Ihre erste Geschichte ist, auf jeden Fall geschrieben haben, bevor Sie den nächsten Schritt in Angriff nehmen.

Warum? Man weiß nur, ob man etwas kann, wenn man es getan hat.

 

 

An wen schicke ich es?

 

Üblicherweise läuft es so: Der Sender benötigt Filme, die er ausstrahlen kann. Der Filmproduzent stellt diese Filme in Abstimmung mit dem Sender her und verkauft sie nach Fertigstellung an diese.

Deswegen sollte ein Exposé im Normalfall einer Produktionsfirma angeboten werden.

 

Dazu schauen Sie via Internet oder Fernsehen, welche Firma einen Stoff wie den Ihrigen benötigen könnte.

Eine Firma, die z. B. überwiegend Kinderfilme an arte verkauft, ist vielleicht nicht der ideale Partner für „Der Exorzist IX“.

 

Rufen Sie dazu unbedingt vorher in der Firma an, stellen Sie sich und Ihr Anliegen kurz (kurz = die Sekretärin möchte Ihre fünfteilige Wikinger-Saga nicht am Telefon vorgespielt bekommen) vor und fragen Sie, zu wessen Händen Sie den Stoff zusenden können.

An den genannten Namen versenden Sie es dann...ABER Sie sichern Ihren Stoff vorher selbstverständlich ab.

 

 

Sichern Sie Ihren Stoff vor dem Verschicken

 

Sender bedienen sich munter bei erfolgreichen Formaten aus dem Ausland, weil ihnen Mut oder Visionen für eigenes innovatives Programm fehlen.

Was im Ausland „CSI“ heißt, wird hier dann „Post Mortem“. „The Office“ wird zu „Stromberg“, „Lost“ zu „Verschollen“.

Auch Produzenten lassen sich gerne „inspirieren“. Es gibt genügend Beispiele, in denen die Ideen argloser Autoren „übernommen“ wurden, ohne dass diese je einen Cent dafür gesehen hätten.

 

Gehen Sie davon aus, dass man Sie – als Newcomer - zu 80% über den Tisch ziehen will oder (unbewusst) wird. Ich werde das hier so wenig erläutern wie den Umstand, dass eine Kompassnadel nach Norden zeigt. Es ist so, glauben Sie es mir.

 

Daher senden Sie Ihr Exposé als Einschreiben an sich selbst, öffnen den Umschlag nicht und können so nachweisen (per Datum), dass Sie sich im Besitz Ihrer Geschichte befanden, bevor Sie sie weggeschickt haben.

Oder Sie hinterlegen sie bei einem Notar, der sie für Sie verwahrt.

 

 

Eine Idee ist in Deutschland nicht schützbar

 

Der Gesetzgeber schützt Ideen nicht davor, geklaut zu werden.

Dazu gibt es viele Betrachtungen und Gedanken. Hier soll schon der genügen: „Frau verliebt sich in Mann“ – wenn das schützbar wäre, hätte es viele Romane und Filme nie gegeben, denn sie hätten nicht produziert werden dürfen. Und das wäre schade.

 

Deswegen gibt es eine urheberrechtlich relevante Schöpfungshöhe, die genauer definiert, ab wann ein Werk den Schutz des Gesetzes genießt.

 

Auf Wikipedia finden Sie dazu Folgendes: „Ein Werk im Sinne des § 2Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) muss eine konkrete, „wahrnehmbare Formgestaltung“[14] aufweisen, also über eine Idee hinaus bereits so weit konkretisiert sein, dass es mit menschlichen Sinnen wahrnehmbar ist, und es muss sich nach § 2 Abs. 2 UrhG um eine „persönliche geistige Schöpfung“ handeln. Dieses Kriterium[15] schließt einerseits Zufallsentstehungen, Fundstücke und von Tieren Produziertes aus. Und es verlangt eine dem Schöpfer zuzurechnende Individualität des Werkes.[16]“

 

Ihr Exposé muss diese Schöpfungshöhe erreicht haben, sonst ist es vor Ideenklau nicht geschützt.

 

 

Die Absage

 

Wenn die Absage nicht von selbst kommt, helfen Sie mit einem Anruf oder auch einer Mail bei Ihrem Ansprechpartner nach. Dazu warten Sie bitte höflicherweise 4 – 6 Wochen.

Wenn sie kommt, hilft ein „Aber“ wenig. Jemand, der den Markt kennt, hat sich die Zeit genommen, Ihren Text zu prüfen und ist zu der Auffassung gelangt, dass dieser a.) in dieser Qualität b.) für diesen Produzenten oder c.) für den Markt nicht brauchbar ist, schlimmstenfalls treffen alle drei Punkte zu.

 

Versuchen Sie es mit einem anderen Stoff und / oder bei einem anderen Produzenten.

 

 

Der Produzent ist interessiert

 

Ein guter Produzent, der an Ihrem Stoff interessiert ist, wird Folgendes machen:

 

- Er telefoniert mit Ihnen über den Stoff.

Er versucht ein Treffen mit Ihnen zu arrangieren, damit er Sie kennenlernen und einschätzen kann, ob  

  dieses der Beginn einer längeren Zusammenarbeit sein kann.

Er bietet Ihnen einen Exposévertrag an, BEVOR er mit Ihrem Stoff zu einem Sender geht, und er sorgt

  dafür, dass der unterschrieben bei Ihnen in der Post liegt, BEVOR Sie seine Anmerkungen in den Text

  einarbeiten.

 

Alle Produzenten, die sich Ihnen gegenüber anders verhalten, meinen es nicht gut mit Ihnen. Achten Sie darauf, dass jemand, der möchte, dass Sie für ihn arbeiten, Sie auch bezahlt. Denn ansonsten sind Sie an jemanden geraten, der Sie mit Hilfe Ihrer Hoffnungen und Ihrer Gutgläubigkeit ausnutzt und Sie nicht respektiert.

 

Für den Fall eines Vertrages suchen Sie sich unbedingt fachlichen Beistand in Form einer Drehbuchagentur, die Sie in Zukunft vertritt, oder in Form eines Anwalts. Machen Sie nicht den Fehler, den Vertrag selbst verhandeln zu wollen.

 

 

Sie haben einen Roman geschrieben und

möchten ein Drehbuch daraus machen

 

Die meisten Romanautoren lassen sich weder durch Argumente noch durch gut gemeinte Ratschläge davon abhalten, Ihren eigenen Roman zu adaptieren. Und das ist gut so. Kein Argument und kein Ratschlag der Welt ersetzt die tiefe Wunde der Gewissheit, die der Selbstversuch reißt.